“Geschichte der deutschen Sprache”, Autor: Peter von Polenz.
Das Standardwerk zum Überblick über den Sprachwandel des Deutschen von seiner indogermanischen Vorgeschichte bis in unsere Zeit, erschien 2020 in der 11. Auflage. Nicht nur für Germanisten in Korea sind diese Fragestellungen interessant: Was bedeutete die Gründung neuer Städte und Rodungs-Siedlungen im 13. Jahrhundert für die deutsche Sprache? Es entstanden neue Dialektgebiete. Das Buch zur historischen Linguistik lässt kein Gebiet außer acht, wenn neben Nieder- und Hochpreußisch, Obersächsisch, auch Ostpommerisch und Sudetendeutsch aufgezählt werden. Die Entwicklung der neuzeitlichen deutschen Sprachgeschichte bekommt der Leser im geschichtlichen Zusammenhang vermittelt. Darüber hinaus wird an im Spätmittelalter untergegangene Dialekte – wie westslawische Mundarten – erinnert.
Der sprachbegeisterte Leser findet eine bereichernde Abhandlung zu Sprachdummheiten; allerdings bereits 1897 veröffentlicht. Beklagt wird darin, dass Dativ-e werde achtlos weggeworfen. Als Beleg für das Verkümmern der Sprache, werden die Ablösung der Begriffe „dem Könige, dem Hause“ usw. zugunsten von „dem König, dem Haus“ herangezogen und uns damit heute wieder in die Erinnerung gerufen.
Das Buch ist wissenschaftlich-sachlich gehalten, wirkt also nicht belehrend. Für Sprachfreunde gibt es vor diesem Hintergrund nette Momente des Schmunzelns, auch wenn dies gar nicht beabsichtigt war. Er wird von einem Autoren berichtet, der Fremdwörter vermeiden wollte. Das Ergebnis: Er schrieb nicht „nach drei Generationen“, sondern nutze höchst korrekt „nach drei Geschlechterfolgen“. Ein Setzer, der den Text in den 1960er Jahre durchsah, änderte dies nach besten Gewissen in „nach drei Geschlechtserfolgen“. Im Jahre 2020 freilich, könnte selbst bei ursprünglicher Schreibweise (also Geschlechterfolgen), ein nunmehr neuer Kontext im Rahmen von männlich, weiblich, divers darunter verstanden werden.
Praxisnah wird das Werk, wenn es um die Klärung der Frage geht, weshalb die Anrede im Deutschen „Herr“ und „Frau“ ist. Weshalb nicht „Mann“ und „Dame“? Der Fall ging, nach einer Klage, bis vor das Bundesverfassungsgericht!
Bedeutungsübertragungen greifen auch ohne einen Anglizismus, etwa bei den Wörtern Maus und Fenster, wenn es um Anwendungen am Rechner geht. Noch ausführlicher geht der Autor auf „Menü“ und das englische „menue“ ein, ohne die Speisekarte zu meinen…
Welches Zeicheninventar hat keine Entsprechung in der Aussprache? Interpunktionszeichen, Majuskeln und unterschiedliche Schrifttypen, zu denen die Fraktur genannt wird, die andernorts häufig keines Blickes gewürdigt wird.
Für eine Folgeauflage wünsche ich mir einen eigenen Teil mit farbigen (Land-)Karten, die den Leser eine Verschiebung von Sprach- und Siedlungsgebieten leichter nachvollziehen lässt.
De Gruyter Verlag, 255 Seiten, EUR 19,95. ISBN 978-3-11-048565-3.
– Andreas Niederdeppe –
1187호 27면, 2020년 9월 18일